Branchenleader zu werden und zu bleiben, bedeutet Produkte und deren Fertigungsprozesse regelmäßig zu hinterfragen, um sich dadurch verbessern zu können. Der Geschäftsbereich Automotive, der weltweit renommierten Unternehmensgruppe thyssenkrupp AG, gestaltet mit seiner Kompetenz bei Werkstoffen im Antriebsstrang, Fahrwerk und dem automobilen Anlagenbau, maßgeblich den Fortschritt bei der Effizienz von Kraftfahrzeugen mit. Das Werk der thyssenkrupp Gerlach GmbH in Homburg ist führender Entwicklungspartner für Motorenkomponenten der Automobilindustrie und bietet einen „Full-Service“ von der Entwicklung des Werkstückes, dem Prototypenbau bis zur Serienproduktion an. Um die Wirtschaftlichkeit des Standortes zu optimieren und den steigenden Anforderungen seiner Kunden gerecht zu werden, investierte das Unternehmen 2016 in die neue Hightech „Produktionslinie 19“ für geschmiedete Kurbelwellen von 1- 4 Zylindermotoren. Die Entwickler des Oberflächenspezialisten Rösler überzeugten mit einem neuartigen Anlagenkonzept die Verantwortlichen bei thyssenkrupp und erhielten den Auftrag zum Bau einer „RKWS“ – Rösler-Kurbelwellen-Strahlanlage.
Schnellste Kurbelwellenschmiede der Welt
Die Stab-Rohlinge werden zu Beginn des Fertigungsprozesses auf Maß geschnitten, darauf folgend induktiv erwärmt, um diese mit einer 6500-Tonnenpresse in Form zu bringen, bis zum Schluss die Oberfläche in einer Strahlanlage den finalen Schliff erhält. Für den letzten Bearbeitungsschritt entwickelten die Rösler-Ingenieure ein einzigartiges Maschinensystem, das die Handhabung von unterschiedlichen Materialgrößen ohne aufwendigere Umrüstung der Werkstückaufnahmen zulässt und dadurch eine Taktzeit von unter zehn Sekunden pro Kurbelwelle ermöglicht, was wiederum einen fließenden Fertigungsprozess gewährleistet. Das Ergebnis der umfangreichen Zusammenarbeit von ThyssenKrupp mit seinen Partnern und Rösler ist die schnellste und modernste Kurbelwellenschmiede der Welt, welche alle 7,5 Sekunden ein fertiges Werkstück für seine Kunden produziert.
Langlebiges und wartungsfreundliches Anlagenkonzept „RKWS“
Die drei Bearbeitungskammern und die Werkstückwechselkammer sind kreisförmig um die Dreheinheit angeordnet, die einen asynchronen Servomotor mit sehr hoher Überlastfähigkeit verbaut hat. Als Strahlmittelbeschleuniger dient die Gamma-Turbinentechnik von Rösler, die sich durch das weltweit einzigartige „Y-Design“ der Wurfschaufeln auszeichnet. Im Vergleich zu Hartguss besteht die Gamma-Turbine aus geschmiedetem Stahl, was sich signifikant auf die Langlebigkeit der Wurfschaufel auswirkt. Zusätzlich ermöglicht die gekrümmte Führungsfläche der Komponente eine wesentlich höhere Abwurfgeschwindigkeit gegenüber herkömmlich geformten Schaufeln. Die symmetrische Geometrie bietet bei Drehung eine zweite und neue Abwurffläche. Das Zusammenspiel aus Material und Geometrie ermöglicht eine bis zu dreifache Standzeit.
Ein weiterer positiver Aspekt ist die einfache Wartung, dabei kann das Wenden oder ein Wechsel einer verschlissenen Wurfschaufel zeitsparend über den Gehäusedeckel erfolgen, anstatt wie bei herkömmlichen Systemen den Impeller, Dosierer und das Strahlmitteleinlaufrohr demontieren zu müssen. Zwölf dieser Turbinen mit je 22,0 Kilowatt Eingangsleistung, verteilt auf die drei Bearbeitungskammern, werfen das runde und grobkörnige Strahlmittel mit einer Geschwindigkeit von über 80 Meter pro Sekunde gleichmäßig auf die gesamte Oberseite der Kurbelwellen ab, um diese von Zunder und Unreinheiten zu reinigen.
Die Verwendung eines wuchtigen kugeligen Gussstrahlmittels in Verbindung mit dem von den Werkstücken abgetragenen Zunder veranlasste die Konstrukteure von Rösler, bei allen Komponenten des Strahlmittelkreislaufes, sehr verschleißreduzierende Werkstoffe zum Einsatz zu bringen. Die drei Strahlkammern wurden mit Schutzplatten aus hochfestem und gehärtetem Stahl ausgekleidet. Bei der Rohstoffwahl der Förderschnecken brachte man einen Spezialstahl, der vorrangig im Bergbau Anwendung findet, zum Einsatz. Dieser zeichnet sich einerseits durch eine sehr gute Zähigkeit aus und zum anderen verleiht ihm seine bemerkenswerte Härte von 600 Vickers eine vorteilhafte Strukturfestigkeit.
Intelligentes Wartungskonzept
Das hohe Auftragsvolumen wird mit der neuen „Produktionslinie 19“ innerhalb von 21 Schichten pro Woche abgearbeitet, was die Instandhaltung der thyssenkrupp Gerlach GmbH vor eine große organisatorische Herausforderung stellt. Bei der Wahl des Zeitmanagements für die Pflege des Maschinenparks entschied sich das Team um den Hauptverantwortlichen, Markus Kania, für die Einführung eines TBM-Systems (time-based maintenance). Hierbei wird in einer festgelegten Nutzungsspanne der Maschine ein immer wiederkehrendes festes Zeitfenster für die Inspektion- und Wartung veranschlagt, um anstehende Reparaturen durchzuführen und Ersatzteile zu wechseln. Das Zeitmanagementkonzept erlaubt eine vorausschauende Planung der zur Reparatur benötigten Betriebsmittel und verbessert die effektivere Einteilung des Instandhaltungspersonals der thyssenkrupp Gerlach GmbH in Homburg.
Nachhaltige und langfristige Denkweise durch Ersatzteilbevorratung
Damit eine hohe Planungssicherheit der gesamten Fertigungslinie und eine gleichbleibende Produktqualität erreicht werden kann, war es dem Projektleiter Markus Kania der thyssenkrupp Gerlach GmbH von Beginn an ein wichtiges Anliegen, neben der vorausschauenden und vorbeugenden Instandhaltung, elementare Verschleiß- und Ersatzteile für alle Maschinen mit den Herstellern zu bestimmen und vor Ort zu bevorraten. Hierbei setzte man auf die Erfahrung der Serviceabteilung von Rösler und definierte in Zusammenarbeit die Anforderungen an die Kurbelwellen-Strahlanlage. Auf Grundlage dieser Vorgaben wurde durch die Servicespezialisten von Rösler eine Risiko- und Verschleißanalyse durchgeführt, die mit modernster Technik den Strahlmittelkreislauf simulierten, um die Abnutzungsintensität der einzelnen Komponenten zu bestimmen. Mit dem Ergebnis wurde eine umfangreiche Empfehlung zur Ersatzteilbevorratung erstellt, welche Verschleißteile wie Schutzplatten und Ersatzteile beinhaltete. „Das Engagement bei der Ausarbeitung und Vorstellung der Empfehlung mittels Baugruppenzeichnungen und 3D-Modellen hat mich sehr begeistert, weshalb wir von ThyssenKrupp bereits nach kurzer interner Abstimmung die Verschleiß- und Ersatzteile bestellten“, lobte der Projektverantwortliche Markus Kania. „Mit dem Wartungs- und Ersatzteilkonzept minimieren wir langfristig das Risiko von Ausfallzeiten und sparen Zeit und Kosten beim Beschaffungsprozess, was wesentlich zum Ausbau unserer Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Homburg beiträgt“. In Ausnahmesituationen kann das Instandhaltungsteam der „PL19“ auf die Reaktionsschnelligkeit der Serviceabteilung von Rösler vertrauen, das sich durch eine große Fertigungstiefe mit kurzen Produktionszeiten und Expressversand fast aller Ersatzteile der Anlage auszeichnet.
Die gute Zusammenarbeit während der gesamten Projektphase mit Rösler war für die thyssenkrupp Gerlach GmbH einer der Hauptgründe, bei ihrer anstehenden Investition am Standort Homburg in eine neue Produktionslinie für die Herstellung von Achsen und Kurbelwellen von Schwerlasttransportfahrzeugen, wieder den Oberflächenspezialisten aus Memmelsdorf zu wählen.