Das Strahlen groĂer, druckstellenempfindlicher Bleche aus Materialien wie Edelstahl ist eine spezielle Herausforderung im Stahlbau, die manchmal ein komplettes Umdenken erfordert. Die Lösung kann dann darin liegen, dass Bleche die Strahlanlage nicht in liegender, horizontaler Position durchlaufen, sondern âim Stehenâ gestrahlt werden. Dann kommen Vertikalstrahlanlagen zum Einsatz. Diese stellen ganz besondere Herausforderungen an Entwicklung und Design, bieten aber auch weitere Vorteile wie einen kompakteren und kĂŒrzeren Anlagenaufbau und das Vermeiden von StrahlmittelanhĂ€ufungen und StrahlmitteleindrĂŒcken auf dem Blech. Technisch gesehen ist eine Vertikalstrahlanlage einfach eine modifizierte Rollenbahn-Strahlanlage. Ein Beispiel fĂŒr eine solche Anlage â und dazu noch die gröĂte, die bei Rösler bislang gebaut wurde â ist die Vertikalstrahlanlage fĂŒr den chinesischen Stahlproduzenten TISCO.
Rösler-Strahlanlage bei TISCO
Im Jahr 2020 begann der chinesische Stahlgigant TISCO (Taiyuan Iron and Steel Group Co., Ltd.) mit der Umsetzung eines hochambitionierten Projektes: Der intelligenten Modernisierung der Produktionslinie im Warmwalzwerk fĂŒr Edelstahlbleche im chinesischen Taiyuan. Teil dieser neuen Produktionslinie sollte auch eine hocheffiziente Strahlanlage sein, die ohne den Einsatz von Personal vollautomatisch Bleche mit einer Breite von ĂŒber vier Metern strahlt und zum anschlieĂenden Beizen vorbereitet. Um selbst minimale BeschĂ€digungen der OberflĂ€chen durch Transportrollen zu vermeiden, war der Transport der Teile in vertikaler Position durch die Strahlanlage vorgegeben. In diese Position werden die Teile erst kurz vor dem Strahlen gehoben.
Wie funktioniert die Anlage?
Um den AnsprĂŒchen an die OberflĂ€chenqualitĂ€t in der geforderten Zeit gerecht zu werden, verketteten unsere Ingenieure zwei baugleichen Einzelstrahlanlagen zu einer Anlage. Die Edelstahlbleche werden darin mit zwei verschiedenen Strahlmitteln nacheinander bearbeitet. FĂŒr Strahlprozesse, bei denen eine höhere OberflĂ€chenrauheit gefordert ist, kann jede Strahleinheit auch separat betrieben werden. Jede Strahleinheit verfĂŒgt ĂŒber zwölf Gamma 400G-Turbinen mit einer Antriebsleistung von je 37 kW. Jeweils sechs Turbinen befinden sich in schrĂ€ger Position seitlich an den WĂ€nden der Strahlkammer. Durch diese Anordnung ist sichergestellt, dass die Bleche auf der gesamten Breite homogen bearbeitet werden. Beide Strahlkammern sind aus Manganstahl gefertigt und zusĂ€tzlich mit zehn Millimeter starken, austauschbaren Platten aus dem widerstandsfĂ€higen Werkstoff ausgestattet. Auf dem Dach der Strahlanlage befindet sich die Strahlmittelaufbereitung inklusive Strahlmittelbunker. FĂŒr eine schnelle und komfortable Wartung ist eine InspektionsbĂŒhne auf vier verschiedenen Ebenen integriert, die ĂŒber Treppen erreichbar ist.
Level-2-Steuerung fĂŒr mannlosen Betrieb
Den mannlosen Betrieb der Strahlanlage, wie auch der direkt angeschlossenen Beizanlage, garantiert ein Level-2-Steuerungssystem. Es stellt alle Informationen zur VerfĂŒgung, die fĂŒr den Bearbeitungsprozess erforderlich sind, beispielsweise den Blechtyp und die geforderte OberflĂ€chenrauigkeit. Anhand dieser Daten wird auch ĂŒbermittelt, ob das Blech in beiden Anlagen oder nur in einer gestrahlt werden soll.
Zahlen, Daten, Fakten: Die Anlage auf einen Blick
- MaĂe Anlagenkomplex: 17 Meter lang/ 14 Meter hoch
- Turbinen: 12 x Gamma 400G
- Maximaler Strahlmitteldurchsatz: 12.000 kg/min
- Belastbarkeit pro Meter: Vier Tonnen
- Bearbeitungsleistung pro Jahr: 315.000 Tonnen
- Transportgeschwindigkeit: 7 m/ min bei Betrieb beider Anlagen; 4m/min bei Betrieb nur einer Anlage
- Maximal zu bearbeitende BlechgröĂe: 4.100 mm breite und bis zu 160 mm starke Bleche
- Bearbeitungsergebnis: erzielt OberflĂ€chenrauheit von bis zu Ra 4,0 ”m sowie eine OberflĂ€chengĂŒte von A/B Sa 2,5